Adventskalendergeschichte
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Werbung 4. Adventskalendergeschichte 2021 Türchen 6

 

Adventskalendergeschichte

 

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Hey, Hallo und schön, dass Ihr da seid.

 

Heute machen wir mit Türchen Nummer 6 weiter.⁠
Das heutige Türchen 06.12.2021 kommt von Autorin Julia Rogasch

 

Türchen 6
„Da bin ich aber gespannt“, erklärte ich und Michaela nickte zustimmend.
„Und ich erst“, bestätigte sie. „Dass gerade du, wo du Weihnachten so sehr liebst, nun dieses Outfit tragen musst – die Erklärung kann ich kaum erwarten!“ Sie konnte sich ein Kichern nicht verkneifen und auch mir gelang dies nicht.
„Macht euch ruhig lustig“, moserte Helga gespielt beleidigt. Ihr Tonfall und die eingeschnappt vor der Brust verschränkten Arme passten hervorragend zu ihrer Weihnachtsmuffel-Optik.
„Welche fiese Person hat dir das denn nun eingebrockt?“, drängte ich darauf, den Grund für Helgas Aufmachung zu erfahren.
„Eigentlich ist er ja schön, dieser Grund.“ Helga rollte mit den Augen, doch in ihrem Blick sah ich etwas Liebevolles.
Verwirrt starrten Michaela und ich uns an. „Schön? Du sprichst in Rätseln!“
Helga nickte amüsiert. „Meine Nachbarin Ilse, die in der Vorweihnachtszeit immer die ganze Straße mit Keksen und Punsch versorgt hat und so fabelhafte Geschichten rund um die Weihnachtszeit erzählen konnte, ist doch dieses Jahr ins Heim gekommen.“ Helga machte ein zerknirschtes Gesicht. „Sie ist nun Mitte neunzig und die Kräfte schwinden. Ihre Warmherzigkeit wird fehlen und ich behaupte, für alle, auch die jugendlichen Bewohner der Straße und deren Eltern, gehören ihre kleinen Köstlichkeiten zu Weihnachten dazu wie das Baumschmücken, das Weihnachtsessen mit der Familie oder heiße Getränke bei Kerzenschein.“
Ich nickte. „Bestimmt! Wenn ich daran denke, wie es duftete, wenn sie ihre köstlichen Vanillekipferl in diesen liebevoll verzierten Tütchen und den süßen Punsch vorbeigebracht hat, läuft mir jetzt schon das Wasser im Mund zusammen.“ Ich geriet ins Schwärmen, so gut erinnerte auch ich mich an diese Tradition, an die sicher jeder, der in ihren Genuss gekommen war, gerne zurückdachte. Wenn ich Helga in der Vorweihnachtszeit besucht hatte, freute ich mich immer schon, wenn vorher Ilse ihre Köstlichkeiten vorbeigebracht hatte. Ich dachte daran, dass sie am Abend vor Heiligabend regelmäßig Geschichten aus einem Buch vorgelesen hatte, welche sie als Kind selbst zu Weihnachten immer hatte hören wollen. Es waren gefühlt alle Leute aus der Straße gekommen, wenn sie diese Tradition bei Kerzenschein und Gebäck vor ihrem Haus zelebrierte. Und auch für mich gehörte dies wie ein Ritual zu Weihnachten.
„Und was hat die Geschichte nun mit deinem Aufzug zu tun?“ Michaela hob fragend die Augenbrauen und deutete auf Helgas Verkleidung.
„Ich habe mit einigen der jungen Leute aus dem Nachbarhaus gewettet, dass jetzt, wo die liebe alte Dame an dem Punkt ist, an dem sie nicht mehr nur geben kann, allein ist und auf ein trauriges Weihnachtsfest schaut, sich ganz sicher die wenigsten Nachbarn noch an sie erinnern und an sie denken. Viel zu sehr stecken sie in ihrem eigenen Weihnachtsstress zwischen Konsum und Hektik und vergessen, worauf es wirklich bei dem ganzen Weihnachtszauber ankommt – auf die Liebe und das Miteinander.“ Helga senkte den Blick und hob die Hände.
„Zwei der jungen Nachbarn, die ganz enttäuscht waren, wie wenig Sinn für Traditionen und Herzlichkeit ich vor allem ihnen, der Jugend, zutraute, behaupteten, sowas könnte nur ein Grinch behaupten und gaben mir auch gleich diesen Spitznamen. Sie würden mir beweisen, dass es anders sei. Ich sagte halb im Scherz, halb im Ernst, dass ich drei Tage lang im Grinch-Kostüm herumlaufen würde, wenn ich diese Wette verlieren würde.“
Sie zuckte die Achseln und deutete an sich herunter. „Und das Ergebnis macht mich sprachlos! Sie haben vierundzwanzig junge Leute in der Straße zusammengetrommelt und gemeinsam haben sie das Buch, das die alte Dame immer vorgelesen hat, als Film aufgenommen. Ein paar von ihnen wollen sie nun besuchen und ihr ein Tablet mitbringen. Darauf ist der Film. Jeder liest, wie in einem Adventskalender, an einem Tag einen Abschnitt. Und am Tag vor Heiligabend kommen meine Wettpartner und ich bei ihr vorbei und bringen ihr Vanillekipferl und Punsch und lesen ihr aus dem Buch vor. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie wundervoll das Video geworden ist! Ich bekomme schon jetzt Gänsehaut! Und ich bin begeistert über all die Liebe dieser jungen Leute! Sie haben tatsächlich nicht vergessen, was Weihnachten wirklich bedeutet. Und ich habe mich zum Glück geirrt damit, zu glauben, dass nur das Materielle zählt.“ Nun schmunzelte sie. „Da bin ich sogar gerne bereit, das Grinch-Kostüm zu tragen.“
„Helga, was für eine verrückt-schöne Erklärung für dein Outfit!“, rief ich erfreut aus. „Der Gedanke an Kindheitserinnerungen und diese Geschichte mit den jungen Leuten – das bringt mich auf immer mehr Ideen für unser Theaterstück, Michaela. Das passt doch hervorragend zu meiner Idee von Kindheitserinnerungen, Liebe und Magie!“ Voller vorfreudiger Begeisterung rieb ich mir die Hände.

 

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