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22. Türchen der Adventskalendergeschichte

Türchen 22 – Autorin Petra Teske

 

Unsicher blickte Katharina zum dunklen Höhleneingang des Baumes. Die tief hängenden, kahlen Äste und der breite Stamm, in dessen Rinde sich die unzähligen Lebensjahre eingegraben hatten, verliehen dem Baum ein schauriges Antlitz. Fast wirkte es so, als würde er sie aus gierigen Augen ansehen, nur darauf wartend, Katharina in sein Innerstes zu locken, um sie sich dann einzuverleiben.
Ein eisiger Schauer durchfuhr Katharina, der nicht an der kalten, vom Schneesturm gezeichneten Winternacht lag. Irgendetwas stimmt hier nicht, ging es ihr durch den Kopf. All die bizarren Träume und Visionen, die sie heimgesucht hatten, waren ein deutlicher Hinweis darauf. Weihnachten war das Fest der Liebe, des Beisammenseins und die Erinnerung daran, anderen Gutes zu tun. Es war diese ganz besondere Zeit im Jahr, in der Barmherzigkeit und Nächstenliebe im Vordergrund standen. Die Dunkelheit in der Welt wurde dann vom weihnachtlichen Glanz erhellt. Niemals konnte der Weg zum Weihnachtsmann durch die Höhle dieses Baumes führen, der sich zudem auf einem Friedhof befand.
„Nein!“, sagte Katharina laut. „Das hat nichts mit Weihnachten zu tun.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, ließ der Schneesturm nach und die Wolkendecke riss auf, sodass der Blick auf die Sterne am Nachthimmel frei wurde. Seicht rieselten die Schneeflocken auf die Erde nieder, wobei die um Katharina wie die Sterne zu glitzern begannen. Fasziniert streckte sie die Hände aus und sah zu, wie sich die silbrigen Flocken in einem funkelnden Leuchten auf ihren Handflächen auflösten.
„Du hast die Prüfung bestanden“, erklang eine sanfte Stimme. Erschrocken sah Katharina zur Seite. Neben ihr stand ein wunderschöner Engel in einem weißen, strahlenden Gewand. Goldene Haare umrahmten ein liebliches Gesicht, das einen unbeschreiblichen Sanftmut ausstrahlte. Liebevoll lächelte der Engel Katharina an. „Trotz der bizarren Ereignisse, hast du den wahren Sinn der Weihnachtszeit nicht aus den Augen verloren. Ohne zu wissen, was dich erwartet, scheust du keine Gefahr und bist bereit, dem Weihnachtsmann zu helfen, damit die Kinder dieser Welt ihren Weihnachtswunsch erfüllt bekommen. Durch deinen Glauben ist der Weg zum Weihnachtsmann nun möglich. Der Schneesturm hat aufgehört. Geh, Katharina. Bring dem Weihnachtsmann den heilenden Tee.“ In einem goldenen Schein löste sich der Engel vor Katharinas Augen auf.
„Halt! Sag mir, wo ich den Weihnachtsmann finde“, rief sie aufgeregt, doch eine Antwort erhielt sie nicht. Still verblasste der letzte Lichtschimmer in der Dunkelheit und Katharina blieb allein auf dem Friedhof zurück. Die glitzernden Schneeflocken waren ebenso wie der Engel verschwunden. Hatte Katharina sich den Engel auch nur eingebildet, so wie einige der anderen Dinge? Mutlos wollte sie die Schultern sinken lassen, als ein geheimnisvolles Klingeln ihre Aufmerksamkeit erregte.
Es hörte sich wie ein Glöckchen an. Abermals erfüllte das zarte Läuten die Nacht. Langsam bahnte sich Katharina den Weg zwischen den Grabsteinen entlang, in die Richtung, aus der das Klingeln zu kommen schien. Zwischen den Bäumen, am Rande des Friedhofs, drang ein sanfter Lichtschein hervor und das Klingen wurde lauter. Nervös ging Katharina auf die Bäume zu und konnte kaum glauben, was sie entdeckte. Dort stand ein riesiger, strahlender Schlitten, vor den Rentiere gespannt waren …

 

Türchen 22

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