
14. Türchen der Adventskalendergeschichte
Türchen 14 – Autorin Ulrike Bode
Sie wurde immer nervöser aber nichts passierte bis die zwölf Gestalten ihre Kerzen entzündeten und versuchten, das Schloss des alten Schuppens zu öffnen.
Als es ihnen endlich gelungen war, verschwanden sie einer nach dem anderen in der Dunkelheit. Draußen begann es wieder zu stürmen und zu schneien. Es wurde immer unheimlicher.
Katharina zog sich schnell etwas über und eilte aus ihrem Zimmer. In der Eile vergaß sie, eine warme Jacke und feste Schuhe überzuziehen und rannte in ihren Pantoffeln zum Schuppen. Es war schwer, gegen den Sturm zu laufen und sie kam nur sehr langsam voran.
Als sie endlich die Tür erreichte, war sie schon völlig durchnässt, was sie aber zunächst gar nicht spürte, so aufgeregt war sie. Ihr Herz stolperte förmlich. Statt direkt im Schuppen zu stehen, sah sie vor sich eine Treppe, die sich in die dunkle Tiefe eines Kellergewölbes erstreckte. Komisch, die hatte sie vorher nie wahrgenommen oder spielte ihr ihre Wahrnehmung einen Streich?
Es blitzte und donnerte, der Sturm wurde immer lauter. Sie versuchte, diese störenden Geräusche auszublenden, und nahm plötzlich Stimmen wahr. Stimmen, die sich wie ein grölender Gesang anhörten. Ihr wurde immer mulmiger ums Herz, aber sie nahm all ihren Mut zusammen und bestieg die erste Stufe. Da sie so überstürzt das Haus verlassen hatte, bemerkte sie nun, dass sie nicht einmal eine Taschenlampe mitgenommen hatte und tastete sich an einer feuchten Wand weiter die Treppe hinunter. Na, da hatte sie doch schon ihre Geschichte, wenn sie diesen Ausflug überleben sollte.
Der Gesang wurde immer lauter. Als sie endlich unten ankam, konnte sie sich nur noch auf ihr Gehör verlassen, hatten doch die Blitze des Gewitters ihr immer wieder einmal ein wenig Licht geschenkt. Hier aber war es stockdunkel. Vorsichtig, einen Schritt vor den anderen setzend, tastete sie sich vorwärts, bis sie vor einer Tür stand, unter deren Schlitz sich ein kleiner Lichtstrahl ausbreitete. Sie legte ihre Hand auf eine alte, kalte Messingklinke, drückte diese hinunter und versuchte die Tür, die sich nur langsam und quietschend bewegte, zu öffnen.
Was sie dort erblickte, jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. Die zwölf Gestalten saßen dort in einem Kreis um einen Kessel, der über einem Feuer hing und nach einem wunderbaren Glühwein duftete. Ihr lief das Wasser im Munde zusammen, obwohl sie noch niemals in den Genuss dieses traditionellen Getränkes gekommen war. Sie konnte förmlich die Zutaten auf der Zunge schmecken und hatte nicht übel Lust auch ein Gläschen zu kosten.
Der Gesang endete abrupt und sie fühlte sich von zwölf glühenden Augenpaaren angestarrt. Keiner sagte auch nur ein Wort. Schweigend füllte der Anführer dreizehn Becher. Bevor sie den Becher, der ihr gereicht wurde, annahm, dachte sie noch, wie jedes der glühenden Augen für einen der Adventstage stand. Wie ein Adventskalender. Sie nahm den Becher, atmete das wunderbar würzige Aroma ein und trank. Alles um sie herum begann sich zu drehen, sie hatte das Gefühl zu fliegen, versank in einer wohligen Bewusstlosigkeit und träumte von Lebkuchen, Kräutern und dem kranken Nikolaus, den sie retten sollte.
Türchen 14

